ZEHN - Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen

Tipps für den richtigen Schnitt

Das Ernteprojekt Gelbes Band vom ZEHN richtet sich an Obstbaumeigentümer*innen, die überschüssiges Obst an Bäumen oder Sträuchern vor dem Verderb retten und es  Selbstpflücker*innen zur Verfügung stellen möchten. Ein Gelbes Band zeigt: Hier darf Obst kostenlos und ohne Rücksprache für den eigenen, privaten Bedarf geerntet werden.

Die Ernte: Der Höhepunkt des Jahres! Doch für eine reiche Ernte benötigen die Bäume Pflege. Wie diese aussieht erzählen uns Mechthild de Boer und Ute Tangermann-Hirseland, Beraterinnen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für Garten, Hof- und Dorfgün.

Obstbaumschnitt
© Mechthild de Boer

Wann trägt der Obstbaum nach der Pflanzung zum ersten Mal Früchte?

de Boer: Das kommt auf die Sorte und die Wuchsform an. Die meisten Obstbäume werden im Alter von drei Jahren gepflanzt. Ein Apfelbaum als Busch oder ¼ Stamm kann schon im Jahr darauf die ersten Früchte tragen. Eine gute Ernte ist dann ca. für die nächsten 15 Jahre zu erwarten. Von einem Hochstamm dagegen gibt es eine üppige Ernte erst nach ca. 15 Jahren. Dafür kann er dann aber auch 50 und mehr Jahre gute Früchte tragen.

Wieso ist die Pflege durch Schneiden wichtig?

Tangermann-Hirseland: Durch den Schnitt wird die Qualität der Früchte verbessert. Es werden größere, gesündere Früchte erzielt. Der Schnitt wirkt der Alterung entgegen und sorgt dafür, dass der Baum jedes Jahr Früchte trägt.

Was passiert, wenn man gar nicht schneidet?

de Boer:  Auch ein ungeschnittener Baum wächst und wird Früchte tragen. Doch im Laufe der Zeit gibt es ein Gewirr von Zweigen und Ästen, die oft sehr viele, aber nur kleine Früchte tragen. Oder die Zweige werden so schwer belastet, dass der Ast bricht. Die Gesundheit der Bäume leidet: Sie sind anfälliger für Krankheiten, es kommt zu wenig Sonne an die Früchte und der Baum wird vorzeitig vergreisen.

Sind Obstbäume längere Zeit nicht mehr geschnitten worden, darf man dann noch schneiden?

Tangermann-Hirseland: Ja, Schneiden ist immer möglich – auch nach längerer Schnittpause.

In welchem Standjahr/Lebensjahr fängt der Schnitt an?

de Boer: Mit dem Pflanzschnitt erhält der Baum den Start in einen guten Kronenaufbau. Danach folgt der sogenannte Erziehungsschnitt. Nach einigen Jahren ist der gute Kronenaufbau erreicht. Der Schnitt im Anschluss wird als Erhaltungsschnitt.

Wann ist der richtige Zeitpunkt im Jahr?

Tangermann-Hirseland: Obstbäume sollten während der Vegetationsruhe, also in unbelaubtem Zustand geschnitten werden – ein umsichtiges Einkürzen langer, neuer Triebe ist auch in belaubtem Zustand möglich.

Wenn ich erst im Frühjahr schneide, trägt der Baum dann im Herbst überhaupt Früchte?

de Boer: Ja, auch dann wird der Baum Früchte tragen.

Sollte der Baum jedes Jahr geschnitten werden?

Tangermann-Hirseland: Auf jeden Fall! Bäume, die wenig tragen, sollten allerdings wenig geschnitten werden. Apfelsorten wie Boskoop und Freiherr von Berlepsch, die nicht so reichlich tragen, am besten nur auslichten. Süßkirschen dürfen überhaupt nicht geschnitten werden. 

Welches Werkzeug wird für den Baumschnitt benötigt?

de Boer: Egal welches Werkzeug verwendet wird: Es sollte sauber, scharf und rostfrei sein, gut in der Hand liegen und eine sichere Schnittführung ermöglichen. In der Regel wird eine gute Gartenschere, eine Säge und bei hohen Bäumen eine Schere bzw. Säge mit Teleskopstiel benötigt.

Was ist beim Schneiden zu beachten, gibt es allgemeine Grundsätze?

Tangermann-Hirseland: Nach dem Schnitt sollten alle Früchte gut Licht bekommen. Das wird erzielt, indem der Baum „Tannenbaumförmig“ geschnitten wird, also oben schmal nach unten breiter werdend.

Was sind die häufigsten Fehler beim Schnitt?

de Boer: Nach dem Schneiden bleiben sogenannte „Kleiderhaken“ (kurze Zweige) stehen. Das passiert, wenn zu hoch oder zu niedrig über einer Knospe geschnitten wird oder zu viel Abstand zum Stamm bleibt. 

Ein zu kräftiger Schnitt an alten Bäumen, die länger nicht geschnitten wurden, sorgt für eine hohe Anzahl an Wasserschossern. Diese tragen keine Früchte und müssen mit viel Aufwand wieder entfernt werden.

Was ist der Vorteil des Schnittkurses “Schneiden kann jeder“?

Tangermann-Hirseland: In einem Schnittkurs können die Teilnehmenden Fragen stellen, auf die sie sofort eine Antwort erhalten. Sie können das Schneiden üben, bevor sie sich ihre eigenen Gehölze vornehmen und gewinnen dadurch mehr Sicherheit und Selbstvertrauen. Es ist auch hilfreich und gesellig, zusammen in kleinen Gruppen das Schneiden umzusetzen.

Wenn ich selbst nicht schneiden kann, an wen kann ich mich wenden?

de Boer: An Fachfirmen, z. B. aus dem Gartenlandschaftsbau, die Obstgehölzschnitt anbieten. Oder fragen Sie in der Obstbaumschule.

Hier gibt es Videos zum Obstbaumschnitt