ZEHN - Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen

Achtsam essen!

Wer „achtsam“ lebt, ist aufmerksam und sich selbst im Hier und Jetzt bewusst. Auch in der Ernährung spielt Achtsamkeit eine Rolle und bringt nicht nur Entspannung in den stressigen Alltag, sondern kann sogar beim Abnehmen helfen.

Achtsam essen - DGE-Interview
© ayindeabdulmajeed44 - pixabay.com (Collage)

Wir haben mit Sonja Pöhls von der DGE-Sektion Niedersachsen über „Achtsames Essen“ gesprochen – Thema der 9. Regel der DGE. Die Expertin erklärt, was dahintersteckt, und wie jede und jeder im Alltag Achtsamkeit praktizieren kann.

 

Achtsamkeit ist heute in aller Munde – Was hat das mit dem Essen zu tun?
Achtsamkeit ist eine besondere Art der Aufmerksamkeit und bestimmt auch, wie und ob wir unser Essen und Trinken wahrnehmen. Viele von uns essen neben der Arbeit, dem Fernsehen oder mit dem Handy in der Hand. Achtsam Essen bedeutet, genau das nicht zu tun, sich dem Moment bewusst zu sein. Darüber hinaus beinhaltet achtsames Essen aber noch viel mehr.

 

Ganz konkret gefragt: Wie geht „Achtsam Essen für Anfänger*innen“?
Zum Beispiel kann ich Achtsamkeit praktizieren, indem ich mir den Tisch schön eindecke, ein schönes Geschirr benutze, vielleicht leise Musik anmache. Das Handy weglegen und beim gemeinsamen Essen darauf achten, nette und keine stressbelasteten Gespräche zu führen. Solche Themen besser nach dem Essen ansprechen. Achtsam bedeutet aber auch, dass man sich mit dem Essen anders beschäftigt: Das heißt, sich erstmal eine kleine Portion zu nehmen, sie zu genießen und sich dann nachzunehmen, wenn man noch Hunger hat. Und: Langsam und bewusst Essen, sich nicht „vollstopfen“.  

 

Die meisten Menschen würden sicher behaupten, dass sie ihr Essen genießen. Wie erlebe ich das denn noch bewusster?
Das geht zum Beispiel, indem ich bewusst auf den Geschmack achte: Einen kurzen Moment innehalten und mir bewusst mache, wonach eine Komponente schmeckt, woran sie vielleicht erinnert. Dazu gehört auch, sich vor dem Essen die Mahlzeit genau anzuschauen, zu riechen und vorsichtig zu kosten.

 

Und welchen Mehrwert bringt das achtsame Essen für jede und jeden?
Wenn wir uns im geschäftigen Alltag kleine Auszeiten schaffen, zum Beispiel durch bewusstes Essen, wirkt das Stress entgegen. Besonders Menschen mit Reizdarm-Syndrom können eine Veränderung spüren.

Einige Menschen vergessen durch den Stress im Alltag sogar ganz, etwas zu essen. Das ist aber wichtig, um leistungsfähig zu bleiben. Durch bewusste, achtsame Esspausen kann man dem vorbeugen.

Wer im Büro arbeitet, merkt schnell einen Unterschied. Die meisten kennen das sogenannte „Suppenkoma“ nach der Mittagspause.

Achtsamkeit hat den Vorteil, dass der Bauch vielleicht nicht so voll ist, dass man nicht so viel Luft geschluckt hat und –  so abstrakt es sich auch anhört – dass man am nächsten Tag sogar noch weiß, was man gegessen hat.

 

Haben Sie einen Tipp, wie man Achtsamkeit beim Essen üben kann?
Wer sich mehr mit dem Thema beschäftigen möchte, kann ganz klein anfangen: Zum Beispiel einmal am Tag zu überlegen:

  • Wo fand das Essen statt?
  • Was gab es zum Essen?
  • Wie sah das Essen aus?
  • Wer war dabei?
  • Was hat mir an der Atmosphäre besonders gut gefallen?

So bekommt man mehr Bewusstsein über seine Mahlzeiten.

 

Apropos bewusste Mahlzeit, Achtsamkeit kann auch beim Abnehmen helfen, stimmt das?

Auf jeden Fall. Wenn man merkt, dass eine gute Ernährung gerade nicht so gut geklappt hat, trotzdem freundlich mit sich umgehen. Das bedeutet zum Beispiel, Kontrollen flexibler zu gestalten. Der Vorsatz „Ich esse diesen Monat keinen Kuchen“ ist ein striktes Verbot. Besser ist, sich ab und zu etwas zu erlauben, vielleicht immer freitags ein Stück Kuchen zu kaufen. Der Vorteil: Das schlechte Gewissen bleibt aus, trotzdem muss man sich nichts verbieten, denn Essen und Trinken ist Lebensqualität. Wer das Essen achtsam wahrnimmt, kann ohne Verbote abnehmen.

 

Bezieht sich die Achtsamkeit auch darauf, Lebensmittel mehr wertzuschätzen?

Neben der Achtsamkeit für sich selbst, dem Inneren, Individuellen, gibt es auch eine äußere Achtsamkeit, die alle Menschen betrifft: Lebensmittel sind ein wertvolles Gut. Dem achtsamer zu begegnen bedeutet, weniger zubereitete Lebensmittel und weniger Produkte wegzuwerfen. Das geht auch mit dem achtsamen Essen Hand in Hand: Wer sich zunächst kleinere Portionen nimmt (und vielleicht später mehr), muss weniger Reste wegwerfen.

Äußere und innere Achtsamkeit beeinflussen sich gegenseitig: Wer Lebensmittel wertschätzt, isst auch bewusster und praktiziert damit individuelle Achtsamkeit. Ich kann nur empfehlen, es auszuprobieren!